Nein, diesmal wollten sie sich nicht mehr die Butter vom Brot nehmen lassen, dieses Mal sollte ihr bravouröser Kampf belohnt werden. Eine am Ende dramatische Aufholjagd krönten Borussia Dortmunds Handball-Frauen am Mittwochabend mit einem überraschenden Punktgewinn gegen den amtierenden Pokalsieger HC Leipzig.

Es gab so viele Gewinner in Reihen des BVB bei diesem spannenden und in den Schlussminuten hoch emotionalen 22:22 (10:14). Torfrau Clara Woltering, die alles hielt, was zu halten war, als der BVB mit 12:17 scheinbar aussichtslos hinten lag. Kreisläuferin Anne Müller, die ihr Herz in die Hand und die Verantwortung übernahm, als Woltering hinten mit ihren Paraden die Basis für die Aufholgjagd legte.

Woltering geopfert

Und natürlich Nadja Zimmermann: 45 Sekunden waren noch zu spielen, Dortmund lag mit 21:22 hinten, und Trainerin Ildiko Barna nutzte beim letzten Angriff die Möglichkeit, für Torfrau Woltering eine siebte Feldspielerin zu bringen. Doch Leipzigs Deckung stand sicher, die Arme der Schiedsrichter gingen nach oben und zeigten das drohendes Zeitspiel an.

„In diesem Moment dachte ich nur, verdammt, was mache ich denn jetzt?“, sprudelte es nach dem Spiel aus Zimmermann heraus. Sie machte das Beste draus: Zimmermann nahm den Ball, und mit wilder Entschlossenheit hämmerte sie ihn durch die Abwehr ins Tor. Vorbei auch an Nationalmannschaft-Torfrau Katja Kramarczyk, die die Finger nicht mehr an den Ball bekam.

Verzweiflungswurf abgewehrt

Fünf Sekunden musste der BVB danach noch überstehen, aber Woltering wehrte auch den noch abgefälschten Verzweiflungswurf von Anne Hubinger ab. Leipzigs überragende Schützin hatte die Dortmunderin zur Verzweiflung gebracht in der ersten Hälfte, doch nach der Pause wurde Woltering für die hoch aufgeschossene Leipzigerin zum unüberwindbaren Hindernis. „Ich hatte mir zur Pause geschworen, dass das gegen sie nicht so weitergehen darf“, meinte Woltering erleichtert. „Ich habe mich auf meine Stärken besonnen und die Bälle gehalten.“

Nach Wolterings letzter Parade gab es kein Halten mehr. Alle stürzten sich auf die Torhüterin, doch das Unentschieden war ein Erfolg aller, ein Erfolg der großen Geschlossenheit. „Wir haben uns endlich mal belohnt“, meinte Trainerin Barna erleichtert, „die Mädels haben bravourös gekämpft, der Punktgewinn ist hoch verdient.“

Tolle Moral, klasse Abwehrleistung

Am Ende belohnte sich Dortmund für die große Moral, aber auch für eine Klasse-Abwehrleistung nach der Pause. Nur acht Tore gestattete die Borussia dem hoch gehandelten HCL, „das reicht dann nicht, um ein Spiel zu gewinnen“, meinte Leipzigs Trainer Norman Rentsch.

Seine Mannschaft war nicht so überlegen, wie es in der 40. Minute noch den Anschein hatte. 17:12 lag der HCL in Führung, bei der Borussia waren die Köpfe unten, weil sich einige Leichtsinnsfehler eingeschlichen hatten, die Leipzig auch über die starke Saskia Lang nutzte, um davonzuziehen.

Emberovics mit wichtigen Treffern

Auch Mira Emberovics hatte dann ihren Anteil an der Aufholjagd. Zwei wichtige Treffer machte sie aus dem Rückraum mit dem Mut der Verzweiflung, bei beiden Müller-Treffern zum 19:20 und 20:20 kam das riskante Anspiel an den Kreis von ihr. Zu den Gewinnern gehörten auch die rund 500 Zuschauer in der Halle Wellinghofen: Sie sahen ein spektakuläres Ende und feierten den BVB mit Standing Ovations. 

BVB: Woltering, Burrekers, Ferenczi - Müller (7), Ettaqi (4), Huber (4/4), Emberovics, van Kreij (je 2), Vaszari, Traumüller, Zimmermann (je 1)

Dirk Krampe (Ruhr Nachrichten)