13 Tore stehen nach zwei EM-Spielen für Svenja Huber zu Buche. Mit ihren Treffern - ob von Außen, per Gegenstoß oder von der Siebenmeterlinie - hatte die Rechtsaußen von Borussia Dortmun großen Anteil am Erfolg gegen die Niederlande und dem engen Duell mit Frankreich. Vor dem entscheidenden Spiel am heutigen Abend (18:30 Uhr) gegen Polen um den Einzug in die Hauptrunde sprach die 31-Jährige über Bundestrainer Michael Biegler sowie den Reiz des Siebenmeter-Werfens und erklärte mit Blick auf das letzte Vorrundenspiel: "Es wird nur auf den Kampf ankommen."

Svenja, zu Beginn noch ein kurzer Rückblick auf das Spiel gegen Frankreich - was war aus deiner Sicht der ausschlaggebende Faktor, dass ihr die Partie am Ende mit zwei Toren verloren habt?

Svenja Huber:
Ich glaube, dass wir zu wellenförmig agiert haben. Wir hatten richtig gute Phasen dabei, aber dann brechen wir total ein. Das war vor allem zu Beginn der zweiten Halbzeit der Fall. Erst stand es noch 11:11 und dann liegen wir total im Hintertreffen und Michael muss nach gefühlt einer Minute die Auszeit nehmen. Da haben wir völlig neben uns gestanden, das wird auf so einem Niveau dann natürlich direkt bestraft. Das haben die Franzosen gemacht und sich vorentscheidend abgesetzt.

Ist das Lehrgeld, was eure Mannschaft mit den vielen jungen Spielerinnen bzw. Debütantinnen im Kader zahlen muss?

Svenja Huber:
Ich würde nicht mal sagen, dass es den jungen Spielerinnen passiert ist - da würde ich uns erfahrene Spielerinnen genauso ins Boot nehmen. Das war ja in den Spielen davor auch so. Da zu sagen, es waren die jungen Spielerinnen, wäre zu einfach.

Was ist aus deiner Sicht die Stärke der Mannschaft?

Svenja Huber:
Wir haben als Team einfach überzeugt; das hat man gerade gegen Holland gesehen. Wir haben keinen Mega-Star im Team, der das Spiel alleine gewinnt, sondern wir gewinnen das zusammen. Diese Leidenschaft und diese Begeisterung, die wir da rein werfen, kann den Unterschied machen.

Du standest nach dem Spiel gegen Frankreich auf dem zweiten Platz in der Torschützenliste. Welche Rolle spielt dieser Wert für dich?

Svenja Huber:
Das ist total egal, da bin auch überhaupt nicht der Typ für. Natürlich ist schön, wenn ich der Mannschaft mit meinen Toren helfen kann und die Rolle soll ich spielen, aber über allem steht bei mir das Team.

Du bist die Siebenmeterschützin, bisher hast du sechs Strafwürfe verwandelt. Was macht für dich den Reiz an diesem Eins-gegen-Eins-Duell mit dem Torwart aus?

Svenja Huber:
(lacht) Das lustige ist, dass wir vorgestern noch drüber gesprochen haben - und viele haben gesagt, dass sie diese Situation überhaupt nicht erleben möchten. Für mich ist es ist noch einmal ein ganz spezieller Nervenkitzel und es hat sich über die Jahre herauskristallisiert, dass ich die Siebenmeter werfe. Mir macht das Spaß!

Inwieweit kann man dieses "Duell" trainieren?

Svenja Huber:
Man kann definitiv verschiedenen Varianten trainieren, aber das Gefühl, dass da 2.000 Zuschauer sitzen und es nun auf diesen Wurf ankommt - das kann man im Training nicht nachstellen

Im letzten Gruppenspiel geht es gegen Polen. Was erwartet euch für ein Match?

Svenja Huber:
Es wird nur auf den Kampf ankommen - und daher wird es kein handballerischer Leckerbissen werden. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir nicht wieder solche Wellen in der Leistung haben dürfen, denn die Polen würden das definitiv ausnutzen. Es geht für sie, wie für uns auch, um alles.

Es ist das erste große Turnier unter Bundestrainer Michael Biegler. Was macht ihn als Trainer aus?

Svenja Huber:
Er verkörpert die zwei Seiten, die die Mannschaft gebraucht hat. Er ist sehr strukturiert und hat einen enormen Erfahrungsschatz, den er uns immer zur Verfügung stellt, ist aber auf der anderen Seite ein unheimlich guter Motivator. Er ist total emotional, lebt das vor und zieht uns mit. Er ist ein harter Hund mit der weichen Hand, bei der er genau weiß, wann wir die auch mal brauchen.

War er ein Grund dafür, dass du in die Nationalmannschaft zurückgekehrt bist?

Svenja Huber:
Ja, er hat mich direkt kontaktiert und da habe ich ihm gesagt, dass es für mich keine Frage ist. Ich hatte ja immer gesagt, dass es für mich das Größte ist, den Adler auf der Brust zu tragen und dann war es ganz schnell klar, dass ich wieder zurückkehre.

Nach der EM stehen in diesem Jahr noch zwei Spiele mit Dortmund an. Hast du dir schon überlegt, wie du dazwischen durchatmen wirst?

Svenja Huber:
Nein, das habe ich noch nicht. Es ist ja auch ganz schwer zu planen, da wir ja noch nicht wissen, wann wir zurückkommen - es kann um eine ganze Woche variieren. Ich denke aber schon, dass wir zwei, drei Tage bekommen, um durchzuschnaufen und dann geht es schon weiter mit Training und natürlich will man die Euphorie, die man hier erlebt, mitnehmen.

HBF - Foto: Michael Schmidt