Der HC Leipzig zieht gegen die Lizenzverweigerung durch die Handball-Bundesliga der Frauen (HBF) vor das Schiedsgericht, das bestätigten Verein und Liga am gestrigen Freitag - wir berichteten. Der Schiedsklage wurde fristgemäß gegen die erteilte aufschiebende Bedingung für die Lizenz erhoben und somit auch gegen die von der Liga festgestellte Nichterfüllung eben dieser. Unterdessen hat sich mit dem HC Rödertal ein möglicher Nachrücker in Position gebracht.

Die Leipzigerinnen hatten die Lizenz am 19. Mai mitgeteilt bekommen, dass sie die beantragte Lizenz nur dann erhalten, wenn sie bis zum 31. Mai eine Bedingung erfüllen. Der Verein konnte die Bedingung bis zum Fristablauf am 31. Mai laut Feststellung der Liga vom 1. Juni jedoch nicht erfüllen. 

Da die Frist für eine Beschwerde gegen die Bedingung aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war, legte der HC Beschwerde ein, die am 9. Juni vom Vorstand der Liga zurückgewiesen worden ist. Gegen diese Zurückweisung und somit auch gegen die aufschiebende Bedingung und nicht nur gegen die Festellung des Nicht-Erfüllens der Bedingung richtet sich jetzt die Schiedsklage des Clubs. 

Das Schiedsgericht trifft nun die endgültige Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Bedingung sowie in dessen Folge die Erteilung oder Verweigerung der Lizenz. Bei der im Lizenzverfahren vertraglich vereinbarten und unabhängig gebildeten Spruchkammer handelt es sich um ein sogenanntes "echtes" Schiedsgericht - daraus resultiert, dass der Weg vor ein staatliches Gericht grundsätzlich ausgeschlossen ist. Das Schiedsgericht wird mit drei Personen besetzt, die allesamt die Befähigung zum Richteramt haben müssen. 

Sylvia Schenk wurde bereits vor der Saison im Schiedsvertrag von Liga und Vereinen als Vorsitzende für Schiedsverfahren vereinbart. Neben der 65 Jahre alte Rechtsanwältin und ehemalige Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrers, die zudem durch ihre Arbeit für Transparency International öffentlich bekannt ist, benennt zudem jede Partei einen Schiedsrichter ihrer Wahl. Die Entscheidung dieses aus drei Personen bestehenden Gerichts wird auf Grundlage der bestehenden Satzungen und Ordnungen geschlossen, es entscheidet die Stimmenmehrheit - beziehungsweise ist es zunächst gehalten, einen Vergleich zu erzielen. 

Nach dem erfolgten Eingang der Schiedsklage leitet die HBF diese an die Vorsitzende weiter, die in der Folge alleinige Herrin des Verfahrens ist und über das weitere Prozedere entscheidet - beispielsweise ob die Verhandlung schriftlich oder mündlich erfolgt, wann und wo eine solche - nicht öffentliche - Verhandlung stattfindet. Obschon alle Beteiligten an einer schnellen Entscheidung interessiert sein dürften, wie die Liga auch in ihrer Pressemeldung betonte, gibt es allerdings laut Schiedsvertrag eine siebentägige Erwiderungsfrist sowie eine siebentägige Ladungsfrist zu beachten; auf die Einhaltung der Ladungsfrist kann nur einvernehmlich verzichtet werden. 

Eine Entscheidung vor der Mitgliederversammlung der HBF am 23. und 24. Juni wäre somit nur durch einen allseitigen Verzicht auf die Einhaltung der Ladungsfrist möglich. Für die HBF wäre dies wichtig, denn die Entscheidung des Schiedsverfahrens hat unter anderem Einfluss auf die konkrete Ausgestaltung der Spielpläne 2017/18 für die 1. und die 2. Bundesliga. Bei einem Abstieg müsste der HCL in der dritten Liga antreten. Sowohl Liga wie auch der Verein dürfte im Sinne der Planungssicherheit an einer zeitnahen Entscheidung interessiert sein, zumal das Spieljahr Ende Juni offiziell endet. 

Als Nachrücker brachte sich nun der HC Rödertal nahe Dresden ins Spiel. Der Verein hatte trotz sportlicher Qualifikation und Lizenzerteilung aus wirtschaftlichen Gründen zunächst auf einen Aufstieg von der zweiten in die erste Liga verzichten wollen. Die Rödertaler hatten nach der im Lizenzverfahren erklärten Bereitschaft zum Aufstieg, nach der sportlich erfolgten Qualifikation die Bürgschaft nicht wie benötigt erhöht und wurden so bislang weiterhin als Zweitligist geführt. 

"Sportlich hätte es für den Aufstieg gereicht, wirtschaftlich können wir den Schritt in diesem Jahr noch nicht gehen", hatte Präsident Andreas Zschiedrich nach dem Saisonfinale und Platz drei gesagt. Den Dresdner Neuste Nachrichten vom Freitag sagte er aber: "Wenn es dabei bleibt, dass der HC Leipzig keine Lizenz bekommt, dann rücken wir in die erste Liga nach", so der Präsident des HC Rödertal. 

Zschiedrich, der auch Stellvertretender Vorsitzender der HBF ist, sieht im Falle eines Scheitern des HC Leipzig vor dem Schiedsgericht eine klare Regelung: "Dazu gibt es bereits einen Liga-Beschluss, dass wir der Nachrücker sind", wird der Präsident des HC Rödertal in den Dresdner Neuste Nachrichten zitiert. Für die Kehrtwende hätten Sponsorenzusagen gesorgt, zudem sollen mindestens drei Spielerinnen aus Leipzig zum HCR wechseln. Die Leipzigerinnen werden unterdessen weiterhin auf einen Verbleib hoffen, wie es 2014 den Männern des HSV Hamburg in dieser letzten Instanz gelungen war. Die Blicke aller Beteiligter gehen in Richtung des Lizenzschiedsgerichts.

Dominik Schreier - Foto: HCL (handball-world)