Seit Dienstag haben sich die BVB-Handballerinnen im Hotel Rodenberg in Rotenburg an der Fulda einquartiert, vier Tage knallharte Arbeit sind angesagt, teilweise bis zu drei Einheiten am Tag. Und am Wochenende steht ein Turnier in Fritzlar auf dem Programm, Trainerin Ildiko Barna legt wie gewohnt die Messlatte hoch: "Natürlich erwarte ich, dass wir ins Finale kommen, was sonst."

Das Lob kam von der Chefin persönlich. "Gut gesehen", rief Ildiko Barna Rechtsaußen Svenja Huber zu, der Neuzugang hatte Torfrau Annamaria Ferenczi getunnelt. Direkt danach traf Stella Kramer mit einem überlegten Lupfer ins lange Eck, über das Gesicht der BVB-Trainerin huschte ein zufriedenes Lächeln.

Konkurrenzkampf blüht

Der frühe Vogel fängt den Wurm, Ildiko Barna hatte die Handballerinnen von Borussia Dortmund schon morgens um kurz nach neun Uhr zum Training gebeten. Aber der Rest der Müdigkeit war blitzschnell aus den Beinen gelaufen, die jungen Damen waren hellwach. Der Konkurrenzkampf blüht, wer jetzt schwächelt oder es etwas schleifen lässt, der könnte schnell ein wenig an Boden verlieren.

An diesem Vormittag wird gleich an mehreren Fronten geackert. Ein Schild an der Rezeption des Hotels sagt: „Der Streichelzoo ist wegen Zuwachses geschlossen“. Für die BVB-Frauen ist in diesen Zeiten ohnehin kein Platz im Streichelzoo. „Ein paar Liter Schweiß habe ich sicher schon vergossen“, sagt Stella Kramer. Aber beklagen will sie sich wirklich nicht: „Das ist gut so, alles ist prima dosiert. Natürlich geben wir alle Gas, das gehört doch dazu!“

Gute Stimmung

Die Stimmung ist gut, gelöst, fast schon locker. Und doch geht es ungemein konzentriert zu Werke. Unten im Fitnessraum wird gesprintet, gehüpft, werden auch schwerere Bälle geworfen, alles, was die Kraft hergibt. Es ist laut, DJ Carolin Schmele hat aufgelegt und ganze Arbeit geleistet, Rockmusik begleitet die schweißtreibende Arbeit. Angetrieben werden muss hier keine, im Gegenteil. „Es ist gut, dass wir uns dann auch in Kleingruppen aufteilen, so wachsen wir noch enger zusammen und pushen uns gegenseitig.“

Hoher Besuch hat sich heute angesagt, Bundestrainer Michael Biegler verfolgt mit gewohnt grimmiger Miene das Treiben. Später soll er die Nationalspielerinnen Svenja Huber, Stella Kramer, Clara Woltering und Alina Grijseels noch zur Audienz bitten, jetzt darf er erst einmal das reichlich intensive Training verfolgen. Ildiko Barna ist nonstop auf 100 Prozent, sie lobt, sie streichelt, und wird dann auch mal ein wenig lauter. „Ihr sollt trinken und nicht lange labern“, mahnt sie, als die kurze Pause zu lange dauert, und als es bei einigen Spielzügen für ihren anspruchsvollen Geschmack etwas zu passiv zugeht, da ruft sie: „Schluss damit, Schildkröte zu spielen.“

Einzeltraining

Abseits des Treibens spulen Mira Emberovics und Nadja Zimmermann ihr eigenes Programm herunter. Den Neuzugang aus Ungarn plagt eine reichlich hartnäckige Fersenverletzung, sie ist noch einiges entfernt von einer normalen Trainingsarbeit. Nadja Zimmermann wirkt topfit, rasant sprintet sie unermüdlich die Stufen in der Halle hoch. Noch darf sie nach ihrer Schulterverletzung nicht vernünftig werfen, aber sie klingt optimistisch: „Ich hoffe, dass ich im September wieder am Ball bin.“

Auf der anderen Seite der Halle wird es laut. Unentwegt werden Kombinationen über die Außenpositionen geübt, Virag Vaszari, Karina Schäfer, Svenja Huber und Stella Kramer werfen, was die Kräfte hergeben. Clara Woltering strotzt vor Ehrgeiz, die Nationaltorhüterin mag es auch im Training gar nicht, wenn sie hinter sich greifen muss. „Zwei Euro, liebe Stella“ ruft sie, als ein Wurf der Rechtsaußen gefährlich nah an ihrem Kopf vorbeirauschte, beim Wiederholungsfall wird die Stimme schon etwas schneidender: „Stella, irgendwann töte ich dich“.

Begehrlichkeiten geweckt

Alle grinsen, wer Erfolg haben will, der darf nicht nur Koseworte austauschen. Alle wissen, sie haben sicher keine leichte Saison vor sich. „Letzte Saison war schon überraschend gut“, sagt Carolin Schmele, „es wird schwierig, da wieder ranzukommen“. Es war Platz sechs in der Bundesliga und das Finale im DHB-Pokal, das hat natürlich Begehrlichkeiten geweckt. Stella Kramer hat da nicht allzu große Sorgen, „wir haben sehr viel Potenzial, mal schauen, ob wir das richtig ausschöpfen können“.

Feierabend, die Arbeit am Vormittag ist getan. Star am Mittagsbüffet ist Svenja Huber. Der Neuzugang vom Thüringer HC durfte, oder besser musste, sich in ein Kükenkostüm hüllen. Ihr Gesichtsausdruck verrät, dass dieses Ritual ihr nicht nur helle Freude bereitet. Doch so ist es nun mal in diesen Tagen der Saisonvorbereitung beim BVB: Das Leben ist kein Streichelzoo.