Sie lagen sich müde in den Armen, konnten ihr Glück kaum fassen, André Fuhr streckte die Faust in die Höhe: Die Sensation des dritten Spieltages war perfekt. Die stark ersatzgeschwächten Handball-Damen von Borussia Dortmund haben mit dem 30:27 (15:9) gegen den französischen Vorjahresfinalisten Brest Bretagne für die Sensation in der Königsklasse gesorgt und mit nunmehr 5:1-Punkten die Tabellenführung in der Gruppe A übernommen. 

Riesenpech hatte indes Dana Bleckmann, die in der 26. Minute mit Verdacht auf Kreuzbandriss verletzt ausschied. Die Personalsituation bei den Handball-Damen nimmt damit beängstigende Formen an.

Herausragende BVB-Spielerinnen gegen Brest waren Alina Grijseels mit neun Toren und die stark parierende Torfrau Yara ten Holte. „Ich kann mich nicht erinnern, wann ich so stolz auf meine Mannschaft gewesen bin. Alle Spielerinnen haben den unbedingten Willen zum Kampf gezeigt. Das war einfach grandios, das war ein großer Moment für uns, der Sieg war verdient“, genoss Trainer André Fuhr die Situation. Durfte er auch. Noch keine andere deutsche Mannschaft zuvor hat in der Champions League fünf Punkte erreicht. 

„Zwei Wermutstropfen gibt es trotz des tollen Erfolgs zu beklagen. Natürlich der Ausfall von Dana Bleckmann und dazu die spärliche Zuschauerkulisse. Ich kann es einfach nicht fassen. Da wird Weltklassehandball gespielt und es kommen nur so wenig Fans. Für uns und unsere Spielerinnen ist das deprimierend“, beklagte Abteilungsleiter Andreas Heiermann.

Natürlich hatten die meisten der Fans in der Helmut-Körnig-Halle noch die Ergebnisse der vorangegangenen Saison in Erinnerung. Mit 41:29 hatten die Französinnen beim Hinspiel in Dortmund eine Demonstration ihrer Stärke abgegeben. Der BVB hatte aber beim Rückspiel in Brest gezeigt, dass mehr drin war und ein 33:33 mit nach Hause gebracht.

Doch die Voraussetzungen in diesem Jahr waren gänzlich andere. Brest war mit einer ganzen Reihe von Weltklasse-Spielerinnen angereist, während André Fuhr drei A-Jugendspielerinnen auf der Bank hatte. Was für ein krasser Gegensatz. „Ich habe Brest beim Aufwärmen beobachtet, ich glaube, da haben einige von den Stars den BVB unterschätzt“, so André Fuhr später.

Und so sollte es kommen. Brest spielte leichtsinning. Trainer Pablo Morel: "Als wir in der 2. Hälfte besser wurden, war es schon zu spät." Der BVB trat dagegen aggressiv und aufopfernd kämpfend auf. "Diese BVB-Mannschaft hat Charakter und verdient unser absolutes Vertrauen", erklärte Fuhr. Nach zwölf Minuten sah sich Brest-Trainer Pablo Morel beim Stand von 6:4 gezwungen, die erste Auszeit zu nehmen. Brest war zumindest irritiert. Als Amelie Berger in Minute 20 mit ihrem zweiten Treffer auf 11:7 erhöhte, war das sicherlich weit mehr als eine faustdicke Überraschung.

Der Schock folgte dann in der 26. Minute beim Stand von 13:8, als sich Dana Bleckmann beim Torwurf am Knie verletzte und aus der Halle getragen werden musste. Beim Stand von 15:9 ging‘s in die Pause.

Was dann in den zweiten 30 Minuten folgte, war ein echter Abnutzungskampf zwischen den sichtlich müder werdenden Dortmunderinnen und den jetzt stark anlaufenden Französinnen, die Alina Grijseels intensiv deckten und mit allen erlaubten und unerlaubten Mitteln versuchten, am Torwurf zu hindern.

In Minute 40 stand es nur noch 20:15, der Vorsprung schmolz. Doch der BVB hielt dagegen. Als Merel Freriks in Minute 45 zum 22:18 traf und Yara ten Holte im Gegenzug einen Angriff von Brest entschärfte, keimte Hoffnung auf, den Vorsprung über die Zeit retten zu können.

Die letzten zehn Minuten waren an Spannung nicht mehr zu überbieten: Tor um Tor machte Brest gut, auf der anderen Seite musste der BVB jetzt um jeden Treffer intensiv kämpfen. Acht Minuten waren in der Helmut-Körnig-Halle noch zu spielen, da stand es 27:23 für den BVB. Und auch die beiden Schiedsrichter meinten es in zahlreichen Sitautionen gut mit dem Favoriten aus Frankreich.

Fünf Minuten vor Abpfiff spürten die Fans in der Halle, dass eine Sensation in der Lauf lag. Vier Tore Vorsprung beim Stand von 28:24 - könnte das vielleicht reichen? André Fuhr nahm eine letzte taktische Auszeit. „Da wurde ich doch unsicher. Drei Tore nur noch Vorsprung, ich konnte absolut nicht mehr wechseln, hatte nur noch drei A-Jugendspielerinnen auf der Bank“, erklärte Fuhr. Doch Alina Grijseels erhöhte mit ihrem neunten Treffer auf 29:25. Und als Merel Freriks 55 Sekunden vor dem Ende auf 30:26 erhöhte, da riss nicht nur André Fuhr die Fäuste in die Höhe. Die Sensation des dritten Spieltages in der Champions League war perfekt.

BVB: ten Holte, Kohorst – Grijseels (9), van der Heijden (6), Rønning (4), Bleckmann (1), Sando (1), Freriks (5), Berger (4), Moreno, Abdulla, Schwarz, Nordberg, Albers